2012-05-14

Brandschriften

1933-05-10, kurz nach 23:00. Ein Mittwochabend bei strömenden Regen. Schon seit Wochen waren die Namen der Autoren bekannt, deren Bücher aus Bibliotheken zusammengetragen wurden und jetzt auf Lastwagen bereitlagen. Auch die Bibliothek der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität, hier im Hintergrund ...


... wurde geplündert. 20000 Bücher von 90 Autoren, zu denen Heinrich Heine, Karl Marx, Albert Einstein, Sigmund Freud oder Franz Kafka zählten, warteten auf ihre Vernichtung. Unter den 70000 Menschen, die sich auf dem Bebelplatz in Berlins Mitte zusammengefunden hatten, war auch Erich Kästner, der die Nennung seines Namens aus dem Munde Joseph Goebbels miterleben musste. Mit den Fackeln eines vorangegangenen Fackelzugs waren die zu einem großen Scheiterhaufen aufgetürmte Bücher wegen des Regens nicht zu entflammen; die Feuerwehr musste mit Benzin nachhelfen. Mit den Worten "Ich übergebe der Flamme die Schriften von ..." verbrannten in einer Stunde die Werke liberaler und aufklärerischer Autoren und leiteten die Verödung des Kulturlebens in Deutschland für 12 Jahre ein.

62 Jahre später ist genau an dieser Stelle ein Mahnmal eröffnet worden. Eine Glasplatte (im obigen Foto im Vordergrund) gibt einen Blick frei in einen unterirdischen Raum mit jeweils 5 Metern Kantenlänge, an dessen Wänden leere Regale Platz für die verbrannten 20000 Bücher bereithalten.


Wüsste man nicht um die Geschichte dieses Ortes und nähme nicht die im Boden eingelassenen Gedenktafeln war, ...


... könnte man dieses Mahnmal fast übersehen.

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