2011-11-30

Zur universellen kosmischen Intelligenz

An einer Bar in meinem Urlaubsort. Die Vormittagssonne wärmt den Galao, der vor mir auf dem Tisch steht. Ich versuche vergeblich, mich auf die Süddeutsche Zeitung zu konzentrieren.

Am Nebentisch unterhalten sich sieben Deutsche. Vom Phänotyp changieren sie zwischen frühpensionierter schwäbischer Religionslehrerin, einem Soziologiestudent im 17. Semester und ambitionierter, aber unausgelasteter Kindergärtnerin aus Meck-Pomm, die ihren Aufenthalt hier als Jahresbildungsurlaub durchsetzen konnte.

Etwas schleppend ziehen sich die Gespräche hin, durchsetzt mit längeren Gedankenpausen, aber mit großer Ernsthaftigkeit, zu der nur Deutsche und andere Europäer aus den kälteren Klimazonen fähig zu sein scheinen. Eine der sieben fungiert offensichtlich als Protokollantin, ein anderer, der Wortführer, mit Rotweinglas und Strickmütze, offenbart Weisheiten, die von den übrigen Teilnehmern interessiert inhaliert zu werden scheinen: Mit einer Konferenz zum "Spirituellen Zeitalter" würde man zu einer neuen Kultur aufbrechen. Es sei wichtig, "mit den Lichtquellen in der Erde in Resonanz zu treten" und dank kosmischer Energie ein "Denksystem zu entwickeln, wo das alles kein Problem sei". Und überhaupt müsse man erstmal "dafür sorgen, die Apokalypse zu verkünden." Die "menschliche Maschine ist unendlich intelligent", alles sei "per se ein Netzwerk" und "die universelle kosmische Intelligenz" sei als "unsichtbare Substanz ohnehin musikalisch".

Ich habe den Eindruck, der improvisierten Probe eines absurden Theaterstücks beizuwohnen.

2011-11-19

Nationale Grenzen im weltweiten Gewebe

Wir befinden uns im Jahre 2011 n.u.Z. Nationale Grenzen fallen, ganz Europa wächst zusammen ... Ganz Europa? Nein! Ein von unbeugsamen Juristen kontrollierter Bereich hört nicht auf, dem Zusammenwachsen Widerstand zu leisten. Und macht damit das Leben nicht leicht für die Bewohner, die in Ländern wie Deutschland, Frankreich, Spanien oder Portugal leben.

Künstliche Schranken werden in den globalen Weiten des Internets abgesenkt, ein freier Austausch von Inhalten wird erschwert. Beispiele gefällig?

1.) Der Trend geht weg vom Diktat der Sendepläne der Rundfunkanstalten, hin zum zeitautonomen Abrufen und Betrachten von Fernsehbeiträgen über die Mediaserver der Sender. So ist es in Deutschland beispielsweise kein Problem ist, über (beispielsweise) RTL Sendungen wie CSI:Miami oder Eigenproduktionen wie Wer wird Millionär zu einem späteren Zeitpunkt abzurufen. In Portugal wird dagegen "aus rechtlichen Gründen" das Angebot verwehrt.


2.) Andererseits ist der Abruf vieler Musikvideos über YouTube in Deutschland (offiziell) nicht möglich. Hier in Portugal lassen sich dieselben Videos problemlos ansehen.

3.) Die Süddeutsche Zeitung (2011-11-16, S. 24) berichtet, dass die Ravensburger AG nach deutschem Recht Eigentümerin der Wortmarke "Memory" ist. Ravensburger hat Apples iTunes abgemahnt, weil im virtuellen Apfelladen weltweit kleine Spiele-Apps runtergeladen werden können, die "Erinnerung" (engl. "Memory") im Titel tragen.

In einem grenzenlosen Europa des möglichst freien Austauschs von Menschen, Materialien und Meinungen erscheinen solche Hemmnissen zunehmend willkürlich und anachronistisch.

Nachtrag: Ein Hyperland-Blogeintrag "Wie wir das World Wide Web abschafften"

2011-11-18

Handmade Jewelry


Next to my mobile home here at the camp site in Milfontes a lady from Finland stays for a few days. Her hobby: silver jewelry, hand made. Finger rings, necklaces or - as being made here - bracelets.


Further samples of her skills can be found on one of her blogs. All the necessary tools ...


... and raw materials for her pastime contribute (literally) heavily to the total load of her (small) camper car. One of these tools: a template for the layout of necklaces.


The artist herself: Olka.


PS: You may be surprised to find this entry written in English. Don't be afraid: I won't torture you another time with such attempts. But I wanted to try ... I got the inspiration by reading Olka's travel blog. Though she is native Finnish, she records her notes in English. Thus she eases sharing her impressions with her friends and relatives in the Netherlands, in Finland and anywhere else in the world.

2011-11-15

Hafenimpressionen in Vila Nova de Milfontes

(ohne Worte)




2011-11-08

Warum sprechen die Brasilianer eigentlich portugiesisch?

Und nicht spanisch, wie in den anderen Staaten Lateinamerikas?

Wegen eines Vertrags, der 1494 an diesem Ort verhandelt wurde. In Tordesillas, ...


... am Oberlauf des bei Porto im Atlantik mündenden Duero, verhandelten die Könige Portugals und Kastiliens um nichts Geringeres als die Aufteilung dieser Erde. Knapp zwei Jahre, nachdem Cristobal Colon mit den drei Karavellen Santa Maria, Nina und Pinta (hier Modelle) ...


... den vermeintlichen Seeweg nach Indien gefunden hatte und Amerika auf den Weltkarten noch nicht verzeichnet war, ...


... wurden durch den Vertrag von Tordesillas die portugiesische und die spanische Interessensphären durch eine von Pol zu Pol reichende Linie getrennt, die 370 Leguas (ca. 1770 Kilometer) westlich der Kapverdischen Inseln verlief.

Die nautischen Werkzeuge, mit deren Hilfe damals - in der Vor-vor-GPS-Zeit - Weltmeere überquert wurden ...


... und einige der Kulturpflanzen aus der Neuen Welt (wie Zuckerrohr, Kaffee, Kakao oder Mais) sind in einem kleinen Museum im ehemaligen Königspalast zu sehen.


And now for something completely different, wenn auch immer noch in Tordesillas: eine katholische Bar ...


... und der kraftvolle Toro de Vega.

2011-11-06

Oradour-sur-Glane


Wer mit dieser Überschrift Inhalte verbinden kann, hat entweder einen guten Geschichtsunterricht erlebt oder sich nach seiner Schulzeit für deutsche Geschichte interessiert.

Für alle anderen:

1940 wurde Frankreich von deutschen Truppen eingenommen. Neben dem besetzten Gebiet (auf der Karte in Brauntönen) ...


... wurde im "freien" Frankreich (hier blau) eine Marionetten-Regierung unter Petain in Vichy eingesetzt. 1942 endete auch diese Scheinselbstständigkeit mit einer Besetzung ganz Frankreichs durch deutsche Truppen. Am 6. Juni 1944 begann die Invasion der alliierten Streitkräfte in der Normandie. Ermutigt durch diese Nachricht verübten die Kämpfer der Resistance in den folgenden Tagen verstärkt Sabotageakte, um die Verlagerung deutscher Truppen an die Küste zu erschweren. In der Region um Limoges war die 3. Kompanie des SS-Regiments Der Führer als Teil der Zweiten Panzer-Division unter dem Kommando eines General Lammerding stationiert. Nach den vorliegenden Erkenntnissen gab er, gereizt durch die Sabotageakte, den Befehl für ein beispielloses Massaker.

Oradour-sur-Glane, ein bis dahin von den Kriegsereignissen verschontes Dorf bei Limoges, wurde am 10. Juni 1944 gegen 14:00 Uhr umstellt. Alle Dorfbewohner wurden unter dem Vorwand einer Kontrolle der Personalpapiere zunächst auf dem Dorfanger zusammengetrieben und dann, nach Geschlecht und Alter getrennt, in verschiedenen Gebäuden eingepfercht. Gegen 16:00 Uhr begannen die Soldaten der SS, mit Maschinengewehren auf die wehrlosen Menschen zu schießen. Die Gebäude, in denen die Massaker verübt wurden, wurden in Brand gesetzt. Wer den Kugelhagel noch überlebt hatte, wurde jetzt spätestens bei lebendigem Leibe verbrannt. Die deutschen Soldaten ließen sich Zeit, zogen noch brandschatzend durch den Ort und legten an die übrigen Häuser Feuer. Insgesamt starben an diesem Tag in Oradour-sur-Glane 642 Menschen, unter ihnen 207 Kinder.

Der Ort wurde wenige Wochen später zu einer nationalen Gedenkstätte erklärt, um die Erinnerung an das Massaker wach zu halten.


Oradour-sur-Glane wurde in dem Zustand konserviert, in dem er nach dem Abzug der deutschen Truppen vorgefunden wurde.




Die Knochen der verbrannten Opfer, soweit sie nicht zu Staub verfallen waren, wurden auf einem Massengrab des Dorffriedhofes zusammengetragen und beigesetzt. Eine Trauerhalle ...


... lässt an diesen Tag erinnern, an dem ganze Familien sinnlos ausgelöscht wurden ...


... und Taschenuhren die Todesstunde eingebrannt wurde.


Die Gedenkstätte betritt man heutzutage durch ein Erinnerungszentrum, ...


... in dem der Versuch einer Erklärung gewagt wird.


Machen wir uns eigentlich häufig genug bewusst, dass wir in einem friedvollen Zentraleuropa leben, in dem heutzutage Begriffe wie "Erbfeindschaft" und "totaler Krieg" unvorstellbar sind?

PS: General Lammerding wurde nach dem Zweiten Weltkrieg wegen seiner Befehle nicht belangt; er starb 1971 in Düsseldorf eines natürlichen Todes.