2011-10-23

"Die schärfsten Kritiker der Elche ...

... waren früher selber welche."

Dieser Zweizeiler von F. W. Bernstein aus den 1960er Jahren wurde zum wohl bekanntesten Motto der Neuen Frankfurter Schule. Ihr ist in Frankfurt, nicht weit von der "Gutt Stubb", dem Römerberg, entfernt, ...


... zwischen Dom ...


... und Main das Caricatura Museum für komische Kunst gewidmet.


Mein Weg führte mich gestern nach meiner Teilnahme an der Occupy Frankfurt-Demo und einem Cafe-Treffen mit einem Freund zu diesem Museum. In dessem zweiten Obergeschoss werden in einer Dauerausstellung typische Werke der Maler der Neuen Frankfurter Schule ausgestellt.


Mit Zeichnungen wie dieser von Traxler ...


(Pfarrer Löschwitz ist der einzige Pfarrer der DDR, der nicht Minister, Abgeordneter der Volkskammer, Umweltschutzbeauftragter oder doch wenigstens Teilnehmer am Runden Tisch ist. Das gibt zu denken!)

... und Gedichten wie meinem persönlichen Favoriten von Robert Gernhardt:

GEBET:
Lieber Gott, nimm es hin,
daß ich was Besond’res bin.
Und gib ruhig einmal zu,
daß ich klüger bin als du.
Preise künftig meinen Namen,
denn sonst setzt es etwas. Amen.


In einer Sonderausstellung in den unteren beiden Etagen werden derzeit Originalzeichnungen von Gerhard Haderer gezeigt.


(Auch im Urlaub: die deutsch-französische Freundschaft funktioniert.)

Neben einigen der mit meisterhafter Präzision gezeichneten Karikaturen zeigen Skizzen, wie Haderers Vorüberlegungen und Entwürfe zu seinen (kunst)fertigen Zeichnungen reifen.


(Botox-Pippi)

Vor dem Museumseingang steht wahrscheinlich das einzige Denkmal eines Elches im Trenchcoat.

2011-10-18

Living under EZB


In diesen Zeiten, in denen die Politik machtlos dem Treiben der Großbanken und der Ratingagenturen ausgeliefert zu sein scheint und einige Staaten der Euro-Zone die Käufe von Staatsanleihen in Milliardenhöhe durch die Europäische Zentralbank als letzten Ausweg ansehen, ...


... kann es kaum verkehrt sein, wenn eine (noch) außerparlamentarische Graswurzelbewegung den Politern Beine macht. Mein Weg führte mich heute eher zufällig am Sitz der Europäischen Zentralbank in Frankfurt vorbei, vor der seit einigen Tagen Aktivisten der Occupy Frankfurt-Initiative und ihre Sympathisanten ...


... in ihren ca. 50 Zelten kampieren.


Einige der Protestplakate ...


... erinnern an Sprüche der 68er-Jahre, andere ...


... greifen den Casinokapitalismus an oder ...


... verkünden ewige Weisheiten.


Andere der Aushänge dienen der schnöden Selbstorganisation oder ...


... formulieren konkrete Wünsche an ihre Unterstützer.


Zu diesem Zweck sind sogar Kapitalistenschweine vor Ort zugelassen.


Insgesamt ist der Tenor der Proteste friedvoll, die Parolen sind kaum aggressiv ...


... und ich persönlich hoffe, dass diese Bewegung die Politiker aufschrecken lässt.


Vielleicht trifft auch auf diese Occupy-Strömung Victor Hugos Ausspruch zu: "Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist."

2011-10-16

In Wiesbadens Schwarzbachtal

Das Nerotal als Kulturdenkmal hat - laut Infotafel - für die Stadtgeschichte Wiesbadens einen herausragenden Stellenwert.


Was fällt an diesem weißen Reh auf? Es hat nur fünf Beine.


Zweimal dieselbe Bank: einmal ohne Ursulas und ...


... einmal mit Ursulas.


Die Nerobergbahn verbindet das Schwarzbachtal mit dem Neroberggipfel und überwindet dabei einen Höhenunterschied von gerade einmal 83 Metern für 2,5 Euro.


Falls die Bahn einmal ausfällt, stehen geräumige Fahrzeuge für den Schienenersatzverkehr bereit. (Scherz!)


Der russisch-orthodoxe Friedhof am Neroberg und ...


... die Kirche der "Heiligen" Elisabeth.

2011-10-15

Buchmessesplitter 2011

Wie schon in den Vorjahren war mir auch heuer die Buchmesse in Frankfurt einen Besuch wert.


Mehr als die Hälfte der Besuchszeit verbrachte ich in der Halle 4.2, in der Fachbuch- und Wissenschaftsverlage ausstellten. So wurde ein opulenter Bildband über den LHC mit hochwertigen Vorträgen über die Arbeit des CERN beworben.


Meine Fragen zu neuesten Erkenntnissen zur CP-Invarianz und zur Brane-Theorie wurden zumindest kompetent beantwortet.


Wie jedes Jahr gönnte ich mir am Stand des Verlags Walter de Gruyter einen Blick in den Pschyrembel, um ...


... mich in die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse der Steinlaus-Forschung einzulesen.


Nur ein Beispiel zu Machwerken, deren Relevanz für den Fortschritt der Menschheit von mir etwas bezweifelt wird: ein Hundekekse-Backbuch - mit Backförmchen.


Und wie jedes Jahr sorgen die Anime-Akteure (hier zwei von geschätzten Dutzenden) für Farbtupfer.

2011-10-13

Happy Birthday, Paul

Kinder, wie die Zeit vergeht! Heute feiert Paul Simon seinen 70. Geburtstag.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie mir El Condor pasa so gut gefiel, dass ich damals auf eine Ausstrahlung im Radio lauerte, sie auf meinem Radiorecorder mitschnitt und die Cassette einem Plattenhändler, dessen Geschäft auf meinem Schulheimweg lag, vorspielte. "Ich möchte die LP, auf der dieses Lied ist, kaufen!" Bridge over troubled water wurde meine erste Schallplatte, die ich mir von meinem Taschengeld kaufte.


Ich wurde angenehm überrascht. Fast alle Lieder der LP setzten sich mir ins Hirn und verlockten mich zu späteren fast suchthaften Käufen der Simon & Garfunkel-, später der Paul Simon-Werke. Wenige Musiker haben mich so fantasievoll immer wieder mit neuen Melodien überrascht wie Paul Simon. Man mag ihm vorhalten, dass er mit seinen Alben Graceland, The Rhythm of the Saints oder Songs from the Capeman die World Music ausgebeutet habe. Für mich hat er sie mir eröffnet.

In dem Sinne: Happy birthday, Paul.

Katholisch geputzt

Bei unserem gestrigen Gottlosenstammtisch kursierte diese Anzeige, die leider keine Satire ist: die entscheidende Einstellungsvoraussetzung für einen kleinen Job als Reinigungskraft ist nicht nur die Mitgliedschaft in der römisch-katholischen Großsekte, sondern auch noch die "Identifikation mit ihr und ihren Zielsetzungen".


Dumm gelaufen: wer beispielsweise
- gleiche Rechte für Frauen und Männer in der Arbeitswelt für sinnvoll hält,
- Homosexuellen nicht mit "Mitleid" begegnet,
- Sex vor einer Eheschließung für normal und gesund hält,
identifiziert sich nicht mit den Zielen der römisch-katholischen Kirche. Und darf in ihr keinen Putz machen.

Es ist längst überfällig, dass solch einer Gesinnungsschnüffelei bei Tätigkeiten, die fernab von einer seelsorgerisch-missionierenden Aufgabe liegen, ein Riegel vorgeschoben wird. Kurzfristig sollten wir solche Einstellungsvoraussetzungen mit Spott und Häme überziehen. Langfristig sollten wir dagegen darauf hinarbeiten, alle Religionen und ihre verkrusteten Strukturen wie Nebel in der Herbstsonne verschwinden zu lassen.

2011-10-09

In der Altstadt von Neustadt

Mindestens einmal im Jahr wird im Forum der Wohnmobilsolisten zu einem Treffen in Neustadt an der Weinstraße aufgerufen. Der Großteil der Wohnmobile findet auf dem Parkplatz hinter dem Brauhaus Neustadt sein Platz, verbunden mit der unausgesprochenen Bitte des Wirtes, manchen Abend in seinen Gaststuben zu verbringen.


Tagsüber bleibt Zeit für einen Bummel durch die Altstadtgassen ...


... mit Blicken in malerische Innenhöfe ...


...


... oder Winkel (wie hier an der Einmündung der Zwerchgasse in die Hintergasse).


Einmer netten Legende zufolge blieb Neustadt im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 von Zerstörungen verschont, weil eine Tochter der Stadt, Kunigunde Kirchner, dem Werben eines französischen Offiziers nachgab und sich ihm hingab. Den Beiden zu Ehren sind ihre Standbilder in einer der Altstadtgassen so aufgestellt worden, dass sie sich immer noch tief in ihre sandsteinernen Augen blicken können.


Einer sehr seltenen Species, den Elwetrittschen, ist ein Brunnen auf dem Kartoffelmarkt gewidmet. Die sehr scheuen Tiere, die weitläufig mit Wolpertingern, aber auch mit herkömmlichen Hühnern verwandt sein sollen, weisen einige Besonderheiten auf.


So wachsen die Eier eines Geleges noch bis zum Schlüpfen der Jung-Elwetrittschen, ...


... alle männlichen Vertreter sind an Krawatten zu erkennen - bis auf dieses eine Fliegen-bekleidete Exemplar (hier rechts) eines Oppositionsvertreters ...


... und die Weibchen haben, obwohl sie Eier legen, ausgeprägt weibliche sekundäre Geschlechtsmerkmale.


Der formale Anlass für unser Treffen war das Deutsche Weinlesefest. Als eines der Höhepunkte gilt der Winzer-Festumzug mit seinen 120 Prunkwagen, Festgruppen und Spielmannszügen. Historische Arbeiten wie das Brett- und Balkenschneiden vor 300 Jahren (hier mit der Umzugsgruppe aus Gossersweiler-Stein) ...


... oder alte Winzergeräte wie dieser Pflug werden vorgeführt.


Mit schönen Worten und etwas Hartnäckigkeit kann man vielleicht auch Wein, hier sogar bei der nordfriesischen Lammkönigin, schnorren.


Auf manche Fressbüdchen wie auf diesen Maronenstand wird durch Schilder dauerhaft hingewiesen, ...


... während hier Gläubige die Verantwortung für ihren Kircheneintritt auf keinen Dritten abwälzen können.


Zum Abschluss noch ein Werk eines der "beliebtesten Pfälzer Maler" (so der Museumflyer), Otto Dill, aus seinem Museum in Neustadt. In der ihm eigenen expressiven Malweise hat er hier in seinem Werk "Araber zu Pferd (8 Beduinenreiter)" sieben Beduinen dargestellt.